Die Bestimmung von Oxidationszahlen ist ein wichtiger Teil der Chemie, denn die Kenntnis der Oxidationszahlen ist für viele Aspekte wie beispielsweise bei Reaktionsmechanismen, Katalyse und Redoxreaktionen, von entscheidender Bedeutung.
Was sind Oxidationszahlen?
Die Oxidationszahl ist eine fiktive Größe zur Darstellung der Elektronenverteilung innerhalb einer Verbindung. Der Wert der Oxidationszahl wird zur besseren Unterscheidung von der Ladungszahl meist in römischen Ziffern angegeben. Bei der Ermittlung der Oxidationszahl wird der Wert jeweils pro Atom angegeben. Elemente mit einer hohen Elektronegativität nehmen Elektronen auf, die anderen geben Elektronen ab.
Oxidationszahlen am Beispiel von Imidazol
Zur Bestimmung der Oxidationszahlen schauen wir uns nun zuerst die Elektronegativitäten der Elemente an, denn wir wissen, dass nach diesem Modell die elektronegativen Elemente die Elektronen zu sich hinziehen und die elektropositiveren Elemente die Elektronen abgeben. Die Werte können wir im Periodensystem nachschlagen.
Die Elektronegativitäten sind:
- Wasserstoff: 2,2
- Kohlenstoff: 2,5
- Stickstoff: 3,1
Demzufolge gibt in diesem Fall Wasserstoff die Elektronen ab und Stickstoff nimmt die Elektronen auf. Kohlenstoff gewinnt zwar gegen den Wasserstoff, verliert aber gegen den Stickstoff. Mit dieser Reihenfolge können wir nun die Oxidationszahlen bestimmen.
Fangen wir am oberen Stickstoffatom an. An diesem hängt ein Wasserstoffatom, welches sein einziges Elektron abgibt. Die Elektronen aus der Stickstoff-Wasserstoff-Bindung zählen wir also zum Stickstoff und das Wasserstoffatom ist somit einfach positiv geladen. Dazu ist der Stickstoff noch an zwei Kohlenstoffatome gebunden. Wir wissen durch die Elektronegativität, dass auch die Elektronen aus den beiden Bindungen mit den Kohlenstoffatomen zum Stickstoff gezählt werden müssen. Darüber hinaus besitzt das Stickstoffatom noch ein freies Elektronenpaar, in der Abbildung dargestellt durch die beiden lila Punkte. Nachdem wir uns nun alle Bindungen am Stickstoffatom angeschaut haben, können wir die Elektronen zusammenzählen. Wir erhalten jeweils 2 Elektronen aus den drei Bindungen und nochmal 2 aus dem freien Elektronenpaar. Somit kommen wir auf insgesamt 8 Elektronen. Normalerweise hat Stickstoff 5 Außenelektronen und nun 3 zu viel. Damit ist die Oxidationszahl -3.

Nun können wir bei den anderen Atomen im Imidazol genauso weiter machen. Da Wasserstoff in diesem Beispiel immer die geringste Elektronegativität hat, können wir bei allen verbleibenden Wasserstoffatomen schon einmal eine +1 hinschreiben.
Schauen wir uns nun das andere Stickstoffatom an. Dieses hat zwar keinen Wasserstoff gebunden, dafür aber eine Doppelbindung zu einem der Kohlenstoffatome. Wir wissen schon, dass Stickstoff elektronegativer ist, daher können wir alle 4 Elektronen aus der Doppelbindung zum Stickstoff zählen. Hinzu kommen noch zwei Elektronen aus der anderen Bindung mit dem zweiten Kohlenstoff und wieder die zwei Elektronen aus dem freien Elektronenpaar. Zusammengenommen ergibt dies wieder 8 Elektronen und dementsprechend auch die Oxidationszahl -3.
Schauen wir uns nun das Kohlenstoffatom zwischen den beiden Stickstoffatomen an. Hier haben wir schon alle Elektronen verteilt und lediglich die beiden Elektronen aus der Kohlenstoff-Wasserstoffbindung können dem Kohlenstoff zugerechnet werden. Normalerweise hat Kohlenstoff 4 Außenelektronen und damit 2 zu wenig. Daher bekommt der Kohlenstoff die Oxidationszahl +2.
Bleiben nun noch als letztens die beiden Kohlenstoffatome auf der anderen Seite des Moleküls. Diese haben eine Doppelbindung ausgebaut. Bei Bindungen zwischen gleichen Molekülen wird die Anzahl der Elektronen zwischen beiden Atomen gleich verteilt. Von den 4 Elektronen der Doppelbindung gehen also 2 an jedes der Kohlenstoffatome. Dazu hat jedes Kohlenstoffatom noch zwei Elektronen aus der Kohlenstoff-Wasserstoffbindung. Somit haben wir an beiden Kohlenstoffatomen 4 Elektronen, was der normalen Anzahl an Außenelektronen entspricht. Die Oxidationszahl für beide Atome ist somit 0.
Die anschauliche Erklärung findest du auch noch einmal in dem folgenden Video. Dazu haben wir noch weitere Beispiele zur Bestimmung der Oxidationszahlen in Summenformeln in das Video gepackt. Wie am Anfang bereits erwähnt, wird die Oxidationszahl pro Atom angegeben, weswegen die Betrachtung der Summenformeln auch nur dann möglich ist, wenn alle Atome eines Elements in der Verbindung die gleiche Oxidationszahl aufweisen.